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Protontenpumpenhemmer (PPI)
Einsatz, Nutzen und Risiken 4/2020

Autor: Matthias Tischer

Gesicherte Indikation (Behandlungsgrund)

  • bei kurzzeitigen und längerfristige Therapie von Sodbrennen mit gesicherter Refluxerkrankung (einmalig ÖGD mit Biopsien aus der gasroösophagealen Übergang), bzgl. Kontroll-Gastroskopien siehe „Empfehlungen für endoskopische Kontrollen“
  • bei Prophylaxe und Therapie von peptischen Ulzera in Magen, Duodenum und Ösophagus
  • Bei Kombination von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) und Steroiden zur Ulkusprophylaxe.
    Eine Therapiedauer mit Steroiden über 8 Wochen sollte man vermeiden.
  • bei Eradikation einer H. pylori-Infektion (1)

Keine eindeutige Indikation (sollten nicht bzw. nicht dauerhaft genommen werden)

  • nach einer probatorischen Therapie mit PPI wegen Sodbrennen über z. B: 3 Wochen und fortbestehenden Beschwerden bei normaler Ösophago-Gastro-Duodenoskopie (ÖGD) ohne Kardiainsuffzienz und fehlenden Entzündungszeichen.
    Alternativ sollte an vertebragene (z.B. Blockierungen der Brustwirbelsäule) oder kardiale (vom Herz ausgehende) Ursachen gedacht werden (Hausarzt)
  • als „vorsorglicher Schutz“ vor „Magen-Darmgeschwüren“ ohne persönliche Risikofaktoren.
    Eine „ASS 100mg“-Monotherapie („Blutverdünner“) allein ist kein Grund für eine Dauertherapie mit PPI. Sollte es allerdings in Vorbefunden eine Blutung in Ösophagus/Magen/ Duodenum gekommen sein oder weitere Therapien, z.B. Einnahme von Ibuprofen vorliegen, so ist eine längere begleitenden PPI-Therapie sinnvoll.

Bzgl. vermuteter Nebenwirkungen (Boulevardpresse, verschiedene Fachliteratur) konnte lt. Medical Tribune 54. Jhrg.2019 in zwei Studien (LOTUS – und SOPRAN Studie) mit 300 und 554 Patienten die Sorge bzgl. der Sicherheit unserer Patienten entkräftet werden.

Es traten weder Calcium-, Vitaminmangel, Anämie, kardiovaskuläre Nebenwirkungen noch Demenz häufiger auf als in der Placebogruppe.

Einzig gesicherte häufige Nebenwirkung ist ein erhöhtes Risiko für virale und bakterielle Darmentzündungen, relativ schlüssig zu begründen durch verminderten Säureschutz. In einer anderen Studie wurden Osteoporose- und Frakturrisiko prospektiv untersucht. Es fand sich interessanterweise in der Osteodensiometrie („Knochendichtemessung“) kein erhöhtes Risiko für Osteoporose, allerdings trotzdem ein leicht erhöhtes Frakturrisiko bei Einnahme der Maximaldosis von 2 x tgl. 40mg Panoprazol über ca. 10 Jahre. Dieses belief sich statistisch auf „eine zusätzliche Fraktur“ (z. B. Wirbelkörper oder Schenkelhals) bei Behandlung von 2000 Patienten, somit ein nur gering erhöhtes Risiko. Ob dieses Zusammenhang mit einer Hemmung der Osteoklasten (Umbau- und Anpassungsvorgänge im Knochen) zusammenhängt, wird noch untersucht.

Die aus pathophysiologischen Überlegungen (unter Laborbedingungen, also „theoretisch“) abgeleiteten Aufnahmestörungen von Eisen, Magnesium, Ascobinsäure (Vit. C), Vitamin B12, Folsäure und Kalizum konnten in Messungen nicht bestätigt werden.

Die Diversität des Mikrobioms im Darm nimmt vorübergehend ab, ca. 4 Wochen nach Absetzen normalisiert sich diese jedoch wieder spontan auf das individuelle Level(8).


Literatur

  1. Hendrik Ueberschaer, Hans-Dieter Allescher Zeitschrift für Gastroenterologie 1/2017; 55(01): 63-74 Nebenwirkungen und Risiken der langfristigen Protonenpumpenhemmereinnahme
  2. Washio E, Esaki M Clin Gastroenterol Hepatol. 2016 Jun;14(6):809-815.e1. doi: 10.1016/j.cgh.2015.10.022. Epub 2015 Oct 30 “Proton Pump Inhibitors Increase Incidence of Nonsteroidal Anti-Inflammatory Drug-Induced Small Bowel Injury: A Randomized, Placebo-Controlled Trial”
  3. Dayal S1, Lentz SR, Vasc Med. 2005 Jul;10 Suppl 1:S27-33 ADMA and hyperhomocysteinemia.
  4. Hansen et al 2010 J Bone Miner Res. 2010 Dec;25(12):2786-95. doi: 10.1002/jbmr.166. Epub 2010 Jun 24.“Do proton pump inhibitors decrease calcium absorption?”
  5. Gray SL et al.1Arch Intern Med. 2010 May 10;170(9):765-71. doi: 10.1001/archinternmed.2010.94.Proton pump inhibitor use, hip fracture, and change in bone mineral density in postmenopausal women: results from the Women’s Health Initiative.
  6. Mizunashi K et al. Calcif Tissue Int. 1993 Jul;53(1):21-5 Effect of omeprazole, an inhibitor of H+,K(+)-ATPase, on bone resorption in humans
  7. Fujiwara Y, Hepatogastroenterology. 2015 Mar-Apr;62(138):268-72. Association between chronic use of proton pump inhibitors and smallintestinal bacterial overgrowth assessed using lactulose hydrogen breath tests.
  8. Jacobs C et al., Aliment Pharmacol Ther. 2013 Jun;37(11):1103-11. doi: 10.1111/apt.12304. Epub 2013 Apr 10 Dysmotility and proton pump inhibitor use are independent risk factors for small intestinal bacterial and/or fungal overgrowth
  9. Tong J et al. Am J Gastroenterol. 2015 Feb;110(2):265-76; quiz 277. doi: 10.1038/ajg.2014.431. Epub 2015 Jan 27.Incidence, prevalence, and temporal trends of microscopic colitis: a systematic review and meta-analysis.
  10. Filion KB et al. Stomach Proton pump inhibitors and the risk of hospitalisation for community-acquired pneumonia: replicated cohort studies with meta-analysis, Gut 2014;63:552-558
  11. Song H et al. Cochrane Database Syst Rev. 2014 Dec 2;(12):CD010623. doi: 10.1002/14651858.CD010623.pub2.Long-term proton pump inhibitor (PPI) use and the development of gastric pre-malignant lesions